Sudden Death Brewing Company

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Barbara Schwartz

Ganz ehrlich: Bier ist so gar nicht meins. Mag daran liegen, dass die Generation meines Vaters meistens Astra trank. Spätestens seit einem Abendessen in Oslo bei dem anstelle korrespondierender Importweine regional gebraute Biere serviert wurden, bin ich jedoch neugierig geworden. Zudem spielte das Brauwesen in Lübeck über Jahrhunderte eine wichtige Rolle.

So habe ich mich für ein Bier-Tasting für die Lübeck ZWISCHENZEILEN ins Werftquartier in der Einsiedelstraße 6 aufgemacht, wo seit April 2022 die Sudden Death Brewing Company in der Halle 48 ansässig ist. Ein spannender neuer oder besser gesagt wiederentstehender Stadtteil Lübecks, den wir zum Schleswig-Holstein Musik Festival letztes Jahr für einen Blogbeitrag bereits einmal besucht haben. Du erreichst das Werftquartier übrigens am besten per Fahrrad, E-Scooter, mit dem PKW oder der Buslinie 8 des Lübecker Stadtverkehrs.

Bier für alle

Bier war im Spätmittelalter und in der frühen Neuzeit weniger ein Genussmittel. Es diente eher als ein Nahrungsmittel, denn man trank es zu allen Mahlzeiten. Es gab eine breite Skala – vom Dickbier bis zum Kinderbier. Es war (zumeist) gesünder als Wasser, denn Bier war durch das Kochen der Bierwürze weitgehend keimfrei. Auch wegen seines hohen Kaloriengehalts diente Bier als wichtige Ergänzung der oft knappen Nahrung, da man auch minderwertiges Getreide in Bierform noch halbwegs genießen konnte.

Bis zur Erfindung moderner Kühlmethoden konnte man untergärige Biersorten nur im Winter oder dort brauen, wo die Möglichkeiten der Kühlung bestanden. Auch Klöster spielten bei der Bierherstellung im Mittelalter eine wichtige Rolle: Mönche galten nicht nur als begnadete Bierbrauer, sie tranken den Gerstensaft auch gerne.

Sudden Death Brewing Company Bier brauen in Lübeck

Brauwesen in Lübeck

Lübeck hatte im Mittelalter und in der frühen Neuzeit etwa 180 Brauereien, in denen der gesamte Brauprozess vom Mälzen des Korns bis zum Abfüllen des Bieres in Tonnen stattfand. Die Lübecker Stadtbierbrauer durften wöchentlich brauen. Für die Exportbierbrauer gab es keine Beschränkungen. Sie exportierten ihr Bier vor allem zu den nördlichen Nachbarn nach Dänemark, Schweden, Norwegen und Schonen. Auch nach Holland, Flandern und England gingen die Lieferungen, später bis nach Südindien. Nach den Fernhandelskaufleiten waren die Lübecker Brauer die wohl erfolgreichste und vermögendste Berufsgruppe im frühneuzeitlichen Lübeck. Bis heute lassen sich wie z.B. in der Wahmstraße im Stadtbild markante Orte und Gebäude identifizieren, die mit dem Brauwesen verbunden sind.

Sudden Death Brewing Company in Lübeck - Oliver Schmökel und Eric Nagel im Werftquartier
(c) Kevin Fobe

Zwei Craft Beer Brauer mit Humor

Bierbrauen ist in Lübeck also eine jahrhundertealte Tradition, an die Oliver Schmökel und Eric Nagel im Werftquartier anknüpfen. Diese beiden Männer stehen mit ihren Ideen und ihrer Leidenschaft hinter dem Unternehmen Sudden Death Brewing Company – kurz SDBC. Männer mit Humor. Das wird schon deutlich, wenn sie erklären, was es mit dem „Plötzlichen Tod“ auf sich hat. Es ist nämlich mitnichten so, dass ein Gast nach dem Genuss eines ihrer Biere tot umfällt. Nein, Sudden Death steht im Eishockey für die Spielentscheidung durch das erste gefallene Tor in einer Spielverlängerung, einer der spannendsten Momente überhaupt wie Olli und Eric finden. Und spannend war definitiv auch die Geschichte, die zur Gründung des Unternehmens führte.

Die beiden waren „Gypsy Brauer“, die auf der Suche nach einer Partnerbrauerei auf das Brauhaus Klüvers in Neustadt stießen. Je 1.000 Liter eines Stouts und eines Pale Ale ließen sie dort brauen und vertrieben es persönlich auf kilometerlangen Touren quer durch ganz Deutschland.

Parallel begannen sie, sich nach einem geeigneten Ort für eine eigene Brauanlage umzusehen. Die Suche endete mit dem Angebot von Thilo Gollan, die Halle 48 im Werftquartier zu übernehmen. Seit Januar 2022 sind die Gründer mit ihrem internationalen Team von bereits 20 Mitarbeiter:innen vor Ort. Neben der Brauerei wurde in und vor der Halle ein großzügiger Gastrobereich geschaffen, wo neben den Bieren Pizza als kulinarisches Special serviert wird. Geöffnet ist die Sudden Death Brewing Company von Mittwoch bis Sonntag.

Die Brauerei erfreut sich einer wachsenden Beliebtheit ganz unterschiedlicher Gäste. Genau diese Diversität gefällt den Leuten der SDBC so gut: hier ist jeder Mensch willkommen, ganz gleich, von wo er kommt, wie alt er ist oder was er trägt. Die Liebe zum Biertrinken und Bierentdecken steht im Mittelpunkt. Die entspannte Atmosphäre im Team trägt dazu bei, dass man sich als Gast sofort wohl fühlt.

Sudden Death Brewing Company in Lübeck

Brauereiführung

Olli und Eric verfügen über ein umfangreiches Fachwissen, das sie während einer Führung durch die riesige Halle gern teilen. Sie erläutern Details zum Brauvorgang, lassen mich die Brauanlage inspizieren, zeigen mir die Funktionsweise der Abfüllanlage und geben mir jede Menge Hintergrundinformationen. Ich hatte z.B. keine Ahnung was ein IPA ist. Jetzt weiß ich: es steht für India Pale Ale, ein obergäriges Bier. Sozusagen DAS Craft Beer, das entstand, als die Engländer ihr Pale Ale an ihre Armeen in Indien versenden wollten und es mit mehr Hopfen und mehr Alkohol für den Seeweg haltbar machten. In Indien sollte es eigentlich mit Wasser verdünnt werden. Das geschah jedoch nicht. Das Bier mit den Hopfenaromen schmeckte einfach zu gut.

Sudden Death Brewing Company in Lübeck

10-mal pro Monat wird in der Halle 48 gebraut. Jeder Brauvorgang dauert 6-8 Stunden. Der eiweißhaltige Treber, wird von einem Landwirt aus Stockelsdorf abgeholt und an die Milchkühe verfüttert. Nachhaltiger geht es nicht!

Die Biere, die nach eigenen Rezepten des dreiköpfigen Brauerteams aus Kanada, den USA und Belgien in der Sudden Death Brewing Company gebraut werden, werden mittlerweile in 25 Länder exportiert. Frankreich und Skandinavien sind wichtige Abnehmerländer, geliefert wird auch nach Australien. Die Halle bietet jede Menge Platz und ist ideal für private Feiern und Firmenveranstaltungen mit Blick auf die blitzsaubere Brauanlage geeignet. Eigene Veranstaltungen stellt die SDBC ebenfalls auf die Beine: im August wird an zwei Tagen ein Sommerfest gefeiert. Auch ein Sudden-Death-Style Oktoberfest ist in Planung.

Sudden Death Brewing Company in Lübeck

Biertasting

Bei der anschließenden Verkostung mit Blick rüber zur Lübecker Altstadt erfahre ich mehr über die unterschiedlichen Bierstile, das Reinheitsgebot, was ober- und untergäriges Bier genau sind und wie ich die Aromen am besten erschmecken kann. Mir gefällt „Not your Grandma‘s Rote Grütze“ besonders gut. Ein Fruit Sour mit dem Duft von Himbeere, Vanille und Kirsche. Es entstand in Kooperation mit dem in der Lübecker Altstadt ansässigen „Kleinen Waffelhaus“. Dessen vegane Waffeln werden zur Produktion genutzt. Jetzt im Sommer kommt aber auch das Summer Ale „Greetings from Sudden Death“ sehr gut bei mir an. Für das Tasting kannst du Tickets auf der SDBC-Website kaufen. Einen Online-Shop gibt es selbstverständlich ebenfalls.

Sudden Death Brewing Company in Lübeck

More Bier – Fluent English

Eric und Olli sind Menschen, die in der Welt herumgekommen sind und sehr gern lachen. Sie haben richtig Spaß daran, sich extrem lange englische Namen für ihre Craft Biere auszudenken. Definitiv erfüllt sie die Liebe zum Spiel mit Worten. Sie können jede Menge Beispiele anführen, was ihre Gäste bisweilen aus den Namen gemacht haben. Üblicherweise heißt es ja, dass mit zunehmendem Alkoholkonsum die Fremdsprachenkenntnisse dramatisch steigen. Doch auch Menschen, die nüchtern ihr erstes Bier bestellen, machen aus einem „Juice Willis“ schon mal einen „Juicy Willy“, aus einem „Tough Guy“-Ale einen „Touch my guy“ oder sie zaubern aus den beiden Sorten “Hit me with a brick” und “I walk with a zombie” ein “Hit me with a zombie”. Probiere dein Englisch doch im Werftquartier bei der Sudden Death Brewing Company beim Bierbestellen am besten selbst mal aus.

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Barbara Schwartz

Kennst du das auch? Du kommst an einer Inschrift, einer Skulptur oder einer Gedenktafel vorbei und musst einfach stehenbleiben, um herauszufinden, was es damit auf sich hat? So geht es mir. IMMER! „Man erblickt nur, was man schon weiß und versteht.“ Ich kann Goethe an dieser Stelle nur hundertprozentig zustimmen. Genau deshalb möchte ich nie aufhören, das nur scheinbar Unwichtige aufzuspüren, Zusammenhänge zu erkennen, Neues zu erfahren und Menschen und ihren Geschichten auf die Spur zu kommen. Okay und zu lange Sätze zu schreiben .. . Und neue Sprachen zu lernen natürlich ...

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